/Anleger entscheiden mit ihrer Fondswahl über echte Nachhaltigkeitswirkung

Anleger entscheiden mit ihrer Fondswahl über echte Nachhaltigkeitswirkung

Wer mit gutem Gewissen investieren will, stellt schnell fest, dass die glänzende Fassade sogenannter nachhaltiger Fonds oft Risse hat. Auf dem Papier klingt es verheißungsvoll: Geld anlegen, Rendite erwirtschaften und gleichzeitig einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Doch wer genauer hinschaut, erkennt, dass sich hinter den Marketingversprechen nicht selten ein recht oberflächliches Verständnis von Nachhaltigkeit verbirgt. Ein Fonds, der mit „grünen“ Labels wirbt, kann durchaus Titel enthalten, die nicht so recht zu einer ethisch-ökologischen Ausrichtung passen. Das Problem liegt in den Kriterien, nach denen Nachhaltigkeit bewertet wird. Manche Anbieter setzen auf den Ausschluss einzelner Branchen, andere wiederum auf einen sogenannten Best-in-Class-Ansatz, bei dem einfach der jeweils vermeintlich „nachhaltigste“ Konzern seiner Branche im Fonds landet – selbst wenn es sich dabei um ein Unternehmen handelt, das in den Augen vieler Anleger kaum als Vorbild taugt.

Ein gutes Beispiel für diese Schieflage ist Amazon. Auf der einen Seite steht ein Konzern, der in Bereichen wie Logistik und Digitalisierung Maßstäbe setzt, große Investitionen in erneuerbare Energien tätigt und mit seiner Innovationskraft ganze Märkte verändert hat. Auf der anderen Seite sind da Berichte über Arbeitsbedingungen in den Lagerhallen, aggressive Steuervermeidung und eine immense Marktmacht, die viele kleine Händler in die Knie zwingt. Dass ein solcher Konzern in einem nachhaltigen Fonds auftaucht, wirkt für viele Anleger wie ein Widerspruch in sich. Es offenbart, wie dehnbar der Begriff „Nachhaltigkeit“ geworden ist. Was für den einen ein Schritt in die richtige Richtung ist, gilt für den anderen als Verrat am eigentlichen Gedanken eines verantwortungsvollen Investierens.

Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Frage der Datenlage, sondern auch der Haltung ist. Viele Fondsanbieter verlassen sich auf ESG-Ratings, die zwar Kennzahlen liefern, aber kaum ein vollständiges Bild zeichnen. Ein Konzern kann einen guten ESG-Score erreichen, wenn er seinen CO₂-Ausstoß reduziert, selbst wenn er gleichzeitig Arbeitnehmerrechte unterläuft oder aggressive Wettbewerbspraktiken betreibt. Die Gewichtung der einzelnen Kriterien bleibt intransparent und lässt Spielräume zu, die am Ende dazu führen, dass Unternehmen mit zweifelhaftem Geschäftsgebaren als „nachhaltig“ durchgewunken werden. Wer wirklich etwas verändern will, darf sich also nicht auf Labels und hübsch gestaltete Broschüren verlassen. Es braucht kritische Fragen, ein tieferes Verständnis und die Bereitschaft, unbequeme Wahrheiten auszuhalten.

Gerade in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit zu einem Modewort verkommen ist, kommt es auf eine klare Haltung an. Anleger, die mit ihrem Kapital gesellschaftliche und ökologische Ziele fördern möchten, müssen bereit sein, über den Tellerrand hinauszublicken. Das bedeutet, Fondsanbieter sorgfältig zu prüfen, ihre Auswahlkriterien zu hinterfragen und sich nicht von Hochglanzversprechen einlullen zu lassen. Nachhaltiges Investieren ist kein Wohlfühlprodukt, sondern ein aktiver, mitunter unbequemer Prozess. Nur wenn Kapitalströme konsequent dorthin gelenkt werden, wo echte Veränderung stattfindet, kann daraus mehr entstehen als ein grünes Etikett. Wer wirklich etwas bewegen will, muss sich damit abfinden, dass das nicht ohne Reibung, aber dafür mit Substanz geschieht.