Zum ersten Mal in der Geschichte der modernen Energieversorgung haben Erneuerbare-Energien-Anlagen im ersten Halbjahr 2025 weltweit mehr Strom erzeugt als Kohlekraftwerke. Das ist kein kleiner, sondern ein tektonischer Wandel. Über Jahrzehnte hinweg war Kohle der unangefochtene Grundpfeiler der globalen Stromversorgung, ein Symbol industrieller Stärke und verlässlicher Energieproduktion. Nun aber wurde dieses Bollwerk überholt – nicht nur in fortschrittlichen Industriestaaten wie Deutschland, sondern auf globaler Ebene. Der Anteil der erneuerbaren Energien am weltweiten Strommix erreichte 34,3 Prozent, während Kohle erstmals nur noch bei 33,1 Prozent lag. Dieser Vorsprung mag auf den ersten Blick schmal wirken, aber in der energiepolitischen Realität ist er ein Wendepunkt, denn er markiert das Ende einer Epoche, in der fossile Brennstoffe als unverrückbare Grundlage unserer Energieversorgung galten.
Die Zahlen zeigen deutlich, wie stark sich die Energieerzeugung verändert hat: Weltweit stieg die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen um knapp 8 Prozent auf 5.072 Terawattstunden. Parallel dazu fiel die Kohleverstromung um 1 Prozent auf 4.896 TWh. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger politischer, technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen. Photovoltaik und Windkraft haben in den vergangenen Jahren enorme Effizienzsprünge gemacht, während Kohlekraftwerke zunehmend mit höheren CO₂-Kosten, schärferen Umweltauflagen und alternden Anlagen zu kämpfen haben. Was lange Zeit als Nischenlösung belächelt wurde, hat sich nun zur tragenden Säule der Stromversorgung entwickelt. Es ist bemerkenswert, dass dieser Wandel nicht durch plötzliche Revolutionen, sondern durch beständige, fast beharrliche Weiterentwicklung erreicht wurde – ganz so, wie große Veränderungen in der Geschichte oft ihren Lauf nehmen.
Besonders deutlich zeigt sich dieser Umschwung in Deutschland. Das Land, das lange als Experimentierfeld für die Energiewende galt, hat in der ersten Jahreshälfte 2025 einen Grünstromanteil von 62 Prozent erreicht. Kohle lieferte nur noch 21 Prozent des Strommixes – ein Verhältnis, das vor zwanzig Jahren noch undenkbar schien. Damals war Kohlestrom die Hauptstütze des Netzes, und die Idee, Wind und Sonne könnten diese Rolle jemals übernehmen, wurde oft als romantische Träumerei abgetan. Doch Deutschland hat – trotz vieler Rückschläge, teurer Förderprogramme und politischer Kontroversen – Schritt für Schritt eine Infrastruktur aufgebaut, die heute tragfähig ist. Die Stromversorgung läuft stabil, und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nimmt ab. Damit steht das Land exemplarisch für einen Trend, der nun weltweit Fahrt aufgenommen hat.
Gleichzeitig sollte man diesen Umbruch nicht zu sehr verklären. Auch wenn die Erneuerbaren die Kohle überholt haben, ist der Kampf um eine wirklich nachhaltige Energiezukunft nicht gewonnen. Die Weltwirtschaft ist nach wie vor tief mit fossilen Strukturen verwoben, und viele Länder hängen noch an ihren Kohlekraftwerken – aus wirtschaftlichen, politischen oder infrastrukturellen Gründen. Aber der symbolische Dammbruch ist erfolgt: Die Erneuerbaren haben ihren Platz nicht mehr am Rand, sondern im Zentrum des Energiesystems. Das, was einst als Zukunftsvision begann, ist zur Gegenwart geworden. Und genau wie die Kohle einst das Rückgrat der industriellen Moderne bildete, könnten nun Sonne und Wind die tragenden Kräfte einer neuen, nachhaltigen Energieära werden – nicht aus Idealismus, sondern weil sie sich schlicht durchgesetzt haben.









