Eine neue Studie der Nichtregierungsorganisationen urgewald und Facing Finance zeigt auf alarmierende Weise, wie viele angeblich nachhaltige Fonds tatsächlich in Unternehmen investieren, die ihr Geld mit fossilen Energien verdienen. Trotz des wachsenden Bewusstseins für die Klimakrise und des steigenden Interesses an nachhaltigen Geldanlagen entlarvt die Analyse eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem grünen Image vieler Fonds und ihrer tatsächlichen Investitionspraxis. Von den mehr als 14.000 untersuchten europäischen Fonds und ETFs, die als nachhaltig ausgewiesen sind, halten knapp 4.800 Beteiligungen an Unternehmen, die entweder ihr fossiles Energiegeschäft weiter ausbauen oder keinen glaubwürdigen Plan zum Ausstieg aus der Kohle haben. Insgesamt sind in diese problematischen Unternehmen über 120 Milliarden Euro investiert.
Diese Zahlen zeigen, dass der Begriff „nachhaltig“ im Finanzsektor oft irreführend verwendet wird. Viele Fonds werben mit einer grünen Ausrichtung, investieren aber gleichzeitig in Unternehmen, die weiterhin stark von fossilen Energien abhängig sind. Das untergräbt nicht nur das Vertrauen der Anleger, die ihr Geld bewusst nachhaltig anlegen möchten, sondern bremst auch die globale Energiewende. Wenn Milliarden von Euro in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen fließen, die ihre Produktion sogar noch ausweiten, steht das im klaren Widerspruch zu den Pariser Klimazielen, die eine Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad vorsehen.
Ein zentrales Problem ist, dass es bislang keine einheitlichen und strengen Kriterien dafür gibt, wann ein Fonds als nachhaltig gilt. Viele Fondsanbieter nutzen diese Lücke und labeln ihre Produkte als umweltfreundlich, ohne tatsächlich nachhaltige Standards einzuhalten. Begriffe wie „ESG“ (Environmental, Social, Governance) oder „grün“ sind oft mehr Marketingstrategie als tatsächliches Bekenntnis zu einer nachhaltigen Anlagepolitik. Die Studie von urgewald und Facing Finance macht deutlich, dass mehr Transparenz und eine klare Regulierung notwendig sind, um Greenwashing im Finanzsektor einzudämmen.
Für Anleger bedeutet dies, dass sie genauer hinsehen müssen, wenn sie wirklich nachhaltig investieren möchten. Es reicht nicht, sich auf das Nachhaltigkeitslabel eines Fonds zu verlassen. Stattdessen sollten sie hinterfragen, in welche Unternehmen ihr Geld tatsächlich fließt und ob diese Firmen glaubwürdige Klimastrategien verfolgen. Auch Banken und Vermögensverwalter stehen in der Verantwortung, transparenter über die Zusammensetzung ihrer nachhaltigen Fonds zu informieren und nicht länger Investments in fossile Energieträger als grün zu verkaufen.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass die Politik handelt. Strengere Vorgaben und verbindliche Kriterien könnten sicherstellen, dass nur die Fonds als nachhaltig gelten, die tatsächlich zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Solange jedoch solche Regelungen fehlen, bleibt es in vielen Fällen bei einer schönen Fassade – und das Geld der Anleger unterstützt weiterhin Unternehmen, die die Klimakrise verschärfen. Wenn Nachhaltigkeit im Finanzsektor mehr als nur ein Schlagwort sein soll, braucht es eine grundlegende Reform der Kennzeichnung und mehr Verantwortungsbewusstsein bei den Fondsanbietern selbst.