Grüne Fonds gelten gemeinhin als ethisch saubere Geldanlage, doch wer sich die Mühe macht, hinter die Kulissen zu blicken, erkennt schnell: So grün, wie sie oft erscheinen, sind sie nicht. Analysehäuser und NGOs haben in den letzten Jahren immer wieder den Finger in die Wunde gelegt. Dabei zeigte sich, dass zahlreiche Fonds mit dem Label „nachhaltig“ mehr versprechen, als sie halten können oder wollen. Es handelt sich dabei keineswegs um Einzelfälle – das sogenannte Greenwashing ist ein strukturelles Problem, das das Vertrauen der Anleger untergräbt. In einer Welt, in der Begriffe wie „nachhaltig“ und „verantwortungsbewusst“ inflationär verwendet werden, verschwimmt die Grenze zwischen tatsächlicher Umweltverantwortung und bloßer Imagepflege.
Die Diskussion um die EU-Taxonomie hat die Lage zusätzlich verkompliziert. Mit der umstrittenen Entscheidung, Atomkraft und Erdgas – und neuerdings sogar Rüstung – als „grün“ zu klassifizieren, wurde eine Grenze überschritten, die viele Anleger nicht nachvollziehen können. Diese Entwicklungen führten dazu, dass selbst als dunkelgrün (Artikel 9) eingestufte Fonds nicht mehr zweifelsfrei als ethisch einwandfrei gelten. Die Abstufung in Artikel 8 und 9, ursprünglich eingeführt, um Orientierung zu schaffen, hat eher Verwirrung gestiftet. Artikel-8-Fonds dürfen trotz geringerer Anforderungen mit Nachhaltigkeit werben, obwohl oft nur eine minimale Strategie vorhanden ist. Das verwässert die Begriffe und untergräbt die Glaubwürdigkeit des gesamten Marktes.
Die neuen ESMA-Leitlinien vom Mai 2024 sollten hier eigentlich für Ordnung sorgen. Fonds, die im Namen Begriffe wie „nachhaltig“, „ESG“ oder „climate“ tragen, müssen nun klare Bedingungen erfüllen: unter anderem einen Ausschluss fossiler Unternehmen und eine Investitionsquote von mindestens 80 Prozent entsprechend der im Namen verankerten Strategie. Doch statt sich dieser Regulierung zu stellen, haben viele Fondsanbieter lieber einen Umweg gewählt. In einem bemerkenswerten Schachzug haben 391 Fonds kurzerhand auf diese Begriffe im Namen verzichtet. Weitere 283 haben sie durch weichere, regulatorisch weniger belastete Begriffe ersetzt. Es ist ein klares Zeichen dafür, dass viele Anbieter lieber an ihrer Vermarktung feilen, als ihre Portfolios tatsächlich umzustellen.
Wer heute in grüne Fonds investieren will, braucht einen scharfen Blick und eine gute Portion Skepsis. Die Versprechen auf dem Papier klingen oft verlockend, doch die Realität dahinter ist häufig ernüchternd. Anleger sollten sich nicht auf Labels verlassen, sondern in die Tiefe gehen: Was wird konkret gehalten? Welche Ausschlusskriterien gelten? Wird wirklich in Zukunftstechnologien investiert – oder doch nur in konventionelle Unternehmen mit einem grünen Anstrich? Die ehrliche Antwort auf die Frage „Wie grün sind grüne Fonds?“ lautet: Noch lange nicht grün genug. Und solange Transparenz nicht verpflichtend, sondern optional bleibt, wird sich daran auch nicht viel ändern.