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NGO-Kritik: So reagieren deutsche Fondsgesellschaften

Die NGO Urgewald hat erneut scharfe Kritik an der Praxis vieler ESG-Fonds geübt, die trotz ihres nachhaltigen Anspruchs in erheblichem Umfang in fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle investieren. Eine aktuelle Analyse der Organisation zeigt, dass zahlreiche Fonds, die sich als nachhaltig oder ESG-konform präsentieren, Anteile an Unternehmen halten, die stark in die Förderung und Nutzung fossiler Brennstoffe involviert sind. Dies steht im Widerspruch zu den Erwartungen vieler Anleger, die mit einer Investition in ESG-Fonds gezielt nachhaltige Projekte und Unternehmen unterstützen wollen.

Deutsche Fondsgesellschaften weisen die Vorwürfe zurück und argumentieren, dass sie ihre eigenen Kriterien für Nachhaltigkeit anlegen. Viele Fondsanbieter setzen auf selbst definierte Grenzwerte, um zu bestimmen, welche Unternehmen trotz fossiler Aktivitäten noch als ESG-konform gelten können. Dabei werden oft bestimmte Umsatzschwellen für fossile Geschäftsbereiche festgelegt oder Unternehmen berücksichtigt, die eine Transformation hin zu erneuerbaren Energien versprechen. Diese Praxis führt jedoch dazu, dass auch große Öl- und Gaskonzerne in ESG-Portfolios vertreten sind, wenn sie beispielsweise geringe Anteile ihres Geschäftsmodells auf erneuerbare Energien ausrichten oder Übergangsstrategien formulieren.

Ein weiteres Argument der Fondshäuser sind die neuen Regelungen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma), die die Transparenz und Definition von ESG-Fonds verbessern sollen. Die Esma hat Vorgaben erarbeitet, die Fondsverwalter dazu verpflichten, genauer offenzulegen, welche Nachhaltigkeitskriterien bei der Portfoliozusammensetzung angewendet werden. Doch Kritiker bemängeln, dass die neuen Regeln Interpretationsspielräume lassen und es weiterhin möglich ist, fossile Investitionen als nachhaltig darzustellen. Urgewald und andere Umweltorganisationen fordern daher strengere Kriterien und eine klarere Regulierung, um Greenwashing zu verhindern. Sie argumentieren, dass ein echter ESG-Fonds keine signifikanten Investitionen in fossile Energien enthalten dürfe, insbesondere nicht in Unternehmen, die weiterhin stark auf Kohle, Öl oder Gas setzen. Die Umweltschützer verweisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die zeigen, dass ein schneller Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig ist, um die Klimaziele zu erreichen.

Die Debatte um fossile Investitionen in ESG-Fonds verdeutlicht ein grundlegendes Problem des nachhaltigen Investierens: Der Begriff ESG ist nicht eindeutig definiert, und verschiedene Marktakteure nutzen unterschiedliche Kriterien. Während einige Investoren darauf achten, dass Unternehmen bestimmte Umweltstandards erfüllen, legen andere Wert auf soziale Aspekte oder Unternehmensführung. Diese Vielfalt an Interpretationen führt dazu, dass Anleger oft nicht genau wissen, wie nachhaltig ein Fonds tatsächlich ist. Experten empfehlen deshalb, dass Anleger sich nicht allein auf die ESG-Kennzeichnung eines Fonds verlassen sollten, sondern genau prüfen müssen, welche Unternehmen in den Fonds enthalten sind und nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt. Nur so lässt sich vermeiden, dass vermeintlich nachhaltige Investitionen in Wahrheit weiterhin umwelt- und klimaschädliche Industrien unterstützen.